Überblick
Seit Gründung der PROKON Energiesysteme GmbH (für PROKON im folgenden auch: P.) als Ingenieurbüro im Bereich erneuerbarer Energien im Jahre 1995 hat die in Itzehoe ansässige Unternehmensgruppe (zeitweise u.a. bestehend aus der P. Energiesysteme GmbH, der PROKON Capital GmbH, der P. Regenerative Energiesysteme GmbH, den einzelnen Windenergie-Betriebsführungsgesellschaften, der P. Renewable Energy Solutions and Systems Ltd. Tansania, der P. Bioenergie GmbH und der PROKON Oil GmbH & Co. KG) nach eigenen Angaben mehr als 200 Windenergieanlagen realisiert, an denen ca. 50.000 Anleger mit rund 500 Mio. Euro beteiligt sind (Stand 2012).
Während die PROKON Capital GmbH u.a. für die betriebswirtschaftliche Konzeption der Kapitalanlagen, die Erstellung der Emissionsprospekte und die Vermittlung des Eigen- und Fremdkapitals verantwortlich zeichnet, kümmert sich die P. Regenerative Energien GmbH & Co. KG um die Finanzierung von Projekten zur Nutzung erneuerbarer Energien und die Emission von Genussrechten. Die PROKON Energiesysteme GmbH ist zuständig für die Projektentwicklung, die Projektrealisierung und für Service und Wartung, die P. Oil GmbH & Co. KG für den Handel und den Vertrieb von Pflanzenöl (Stand 2008).
Zu den bereits realisierten, bzw. in Planung befindlichen Windenergieanlagen der PROKON Unternehmensgruppe zählen u.a. die Windparks Arkebek, Garlipp, Berkau, Westeregeln, Horst, Eisleben/Ovelgünne, Zieko, Wittenberg, Schwabhausen, Hohe Wuhne, Neu Wulmstorf, Ferchland, Hakenstedt, Quarnstedt/Störkathen, Dammfleth, Sembten, Buckow/Birkholz, Ferchland II, Fleetmark, Podelzig/Lebus, Könnern I und II, Glienicke, Koßdorf I und II, Bornstedt/Rottmersleben, Straach, Schackensleben, Hakenstedt II, Eisleben/Ovelgünne II, Hohe Wuhne II, Lambsborn-Martinshöhe, Erxleben, Könnern III, Hakenstedt III, Ascherleben, Krahne, Leibchel, Limlingerode, Riedelberg, Schenken-Döbern, Siersleben, Wahnwegen und Westeregeln II.
Während sich die Anleger in den ersten Jahren nur an einzelnen Windparks der PROKON Unternehmensgruppe beteiligen konnten, wurden ab dem Jahre 2000 durch Gründung der sog. New Energy Fonds I, II, III, IV, V und VII (PROKON Betriebs- und Verwaltungsgesellschaft mbH & Co. New Energy KG’s) mehrere Windparks in Fondsgesellschaften zusammengefaßt, an denen jeweils entsprechende Anteile gezeichnet werden konnten.
Prospektherausgeber sowie Eigen- und Fremdkapitalbeschaffer für diese Fondsgesellschaften war, bzw. ist die PROKON Capital Gesellschaft für ökologische Unternehmensbeteiligungen mbH und Generalunternehmer die P. Projektierungs- und Betriebsführungsgesellschaft für regenerative Energiesysteme mbH.
Seit dem Jahre 2003 bietet die PROKON Unternehmensgruppe für Anleger ohne besondere Erfahrung ausserdem Genussrechte an, für die u.a. mit einer Mindestverzinsung von 6% p.a. geworben wurde, wobei die Verzinsung in den Jahren 2004 und 2005 sogar bei 7,25% gelegen habe. Die Mindestanlage für diese Genussrechte wird mit € 2.500,- angegeben, wobei diese auch in monatlichen Raten à € 100,- erbracht werden kann. Ausserdem wird, bzw. wurde angeboten, dass man “sich schon nach drei Jahren die Genussrechte ganz oder zum Teil zurückzahlen lassen” könne.
Mit diesen Genussrechten wolle man “eine wirkliche Alternative zum klassischen Sparbuch”, bzw. “mehr als nur ein Sparbuch” bieten, die sich aufgrund ihrer breiten Streuung in verschiedene Projekte im Bereich Erneuerbarer Energien und ihrer überdurchschnittlich hohen Verzinsung als Kapitalanlage für jedermann eigne.
Laut ihrer Leistungsbilanz für das Jahr 2005 wurde von den sog. Kerngesellschaften der Unternehmensgruppe, der PROKON Energiesysteme GmbH und der PROKON Capital GmbH wie auch von dem geschäftsführenden Gesellschafter Carsten Rodbertus persönlich sogar eine “Ausschüttungsgarantie” für den Fall angeboten, dass eine Windparkgesellschaft etwa wegen unterdurchschnittlicher Windjahre nicht über ausreichende Liquidität für die Vornahme von Ausschüttungen verfügen sollte.
In die Schlagzeilen geriet die PROKON Unternehmensgruppe, als im Jahre 2007 die Ausschüttungen bei einzelnen Windparkfonds vorübergehend ausgesetzt werden mussten, bzw. später als vorgesehen ausgezahlt wurden. Inzwischen ist den Anlegern verschiedener Fonds angeboten worden, ihre Anteile zu verkaufen oder diese in Genussscheine umzuwandeln.
Aktuelles
15.01.2014: Ansprüche im Falle einer Insolvenz von Prokon?
Auch im Falle einer Insolvenz der Prokon-Gruppe (Itzehoe) haben Anleger grundsätzlich noch die Möglichkeit, eine volle Rückzahlung des von ihnen investierten Genussrechtskapitals in der gesamten Höhe gegenüber dem Insolvenzverwalter durchzusetzen.
Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass ein solcher Rückzahlungsanspruch gegenüber der Gesellschaft, bzw. dem Insolvenzverwalter ausdrücklich auf einen Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter Aufklärung, bzw. arglistiger Täuschung über die tatsächlichen Risiken dieser Investition gestützt (siehe hierzu auch unter “Urteile”) und damit nicht nur als “normale” Genussrechtsforderung angemeldet wird.
Grund hierfür ist die Tatsache, dass in den Genussrechtsbedingungen der Prokon eine sogen. “Nachrangigkeit” der Genussrechte vorgesehen ist, dass also die Rückzahlungsforderung der Anleger aus diesen Genussrechten gegenüber allen anderen Ansprüchen von Gläubigern der Gesellschaft zurücktreten sollen.
Verfügt der Anleger jedoch über einen Anspruch auf Schadensersatz gegen die Gesellschaft oder deren Insolvenzverwalter, dürfte dieser als “anderer Anspruch” in diesem Sinne voraussichtlich nicht von der Nachrangigkeit der reinen Genussrechtsforderung betroffen, sondern vorrangig aus der Insolvenzmasse zu befriedigen sein.
Damit erhöht sich für diejenigen Anleger, die ihre Rückzahlungsforderungen ausdrücklich auf Schadensersatzansprüche stützen und diese Ansprüche im Falle des Bestreitens durch den Insolvenzverwalter ggf. auch gerichtlich durchsetzen, die Chance ganz erheblich, vorrangig vor allen anderen Genussrechtsgläubigern befriedigt zu werden und unter Umständen sogar das volle Beteiligungskapital zurückzuerhalten, zumal mit einer nicht unerheblichen Insolvenzmasse zu rechnen sein wird.
Für alle Anleger und Genussrechtsinhaber, die dies nicht beachten und davon absehen, ihre Forderungen gegenüber dem Insolvenzverwalter ausdrücklich auf einen Schadensersatzanspruch zu stützen, erhöht sich wegen der dann bestehenden Nachrangigkeit in gleicher Weise das Risiko eines hohen Verlustes bis hin zum Totalverlust der Einlage.
Ob und inwieweit jeweils im konkreten Einzelfall ein solcher Anspruch betroffener Anleger auf Schadensersatz in Betracht kommt, bedarf ggf. einer genaueren Prüfung der Gründe, die zur Zeichnung der Genussrechte geführt haben.
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13.01.2014: PROKON fordert Rückgängigmachung von Kündigungen
In einem auf den 10.01.2014 datierten Rundschreiben fordert der Genussrechteanbieter Prokon von seinen Anlegern, kein Kapital mehr aus der Gesellschaft abzuziehen und ggf. bestehende Kündigungen rückgängig zu machen. Eine Planinsolvenz liesse sich nur bei Erhalt von mindestens 95% des Genussrechtekapitals verhindern.
Hierzu sollen sich die angeschriebenen Genussrechtsinhaber bis zum 20.01.2014 erklären.
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28.07.2013: Geschäftsbericht 2012 lässt auf sich warten, Entwurf einer “Erstkonsolidierung”
Nachdem der Konzernabschluss, bzw. Geschäftsbericht der Prokon Holding GmbH & Co. Verwaltungs-KG laut einem Bericht in der Onlineausgabe der Zeitung “Die Welt” vom 28.07.2013 bereits für den 31.05.2013 angekündigt war, liegt dieser nunmehr zwei Monate später immer noch nicht vor.
Auf der Homepage der Gruppe wird lediglich der Entwurf einer sog. “Erstkonsolidierung” vorgestellt, der jedoch keine grosse Aussagekraft hat. Immerhin soll sich daraus laut “Die Welt” ergeben, dass die Gesamtverbindlichkeiten von 288 Millionen Euro das Umlaufvermögen von 162 Mio. Euro bei weitem übersteigen. Insgesamt seien 1,1 Mrd. Euro bei Prokon in Sachanlagen gebunden.
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22.06.2012: CAPITAL äussert Zweifel am Geschäftsmodell von PROKON
In einem Beitrag vom 21.06.2012 teilt das Wirtschaftsmagazin CAPITAL mit, dass ein von ihm in Auftrag gegebenes Bilanzgutachten des Instituts für Wirtschaftsprüfung in Saarbrücken zu dem Schluss komme, es bestünden Zweifel daran, ob es sich bei der PROKON um ein seriöses Unternehmen handele.
Grund für diese Einschätzung seien u.a. die schwachen Winderlöse, die geringe Transparenz des Unternehmens und die Risiken in der Wertschöpfungskette der PROKON-Gruppe. Es gelinge PROKON nicht, nachzuweisen, dass die Verzinsung des Genussrechtskapitals in Höhe von derzeit acht Prozent operativ erwirtschaftet werde.
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19.07.2011: FINANZtest – PROKON macht zu viel Wind
In seiner Ausgabe 7/2011 weist das Verbrauchermagazin FINANZtest darauf hin, dass es sich bei den Genussrechten der PROKON Regenerative Energien GmbH & Co. KG nicht um “Sicherheit zum Anfassen” handele, die das Unternehmen Anlegern immer wieder in Aussicht gestellt habe.
Die Genussrechte gäben den Anlegern keinerlei Mitspracherechte und würden sich daher von echten Unternehmensbeteiligungen unterscheiden.
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12.07.2011: Handelsblatt – PROKON’s unsichere Geschäfte mit der Windkraft
In einem Beitrag vom 11.07.2011 berichtet das Handelsblatt darüber, dass PROKON von der für Windparks erstrebten Eigenkapitalrendite von 12 Prozent weit entfernt sei. Im übrigen bestreite die Unternehmensgruppe einen ansehnlichen Teil ihrer Umsätze aus dem steten Nachschub des Anlegergeldes.
Im Ernstfall würden die Genussrechtsinhaber mit ihrer Einlage bis hin zum Totalverlust haften.
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18.04.2011: Landgericht Itzehoe untersagt PROKON irreführende Werbung
Wie das Verbrauchermagazin Stiftung Warentest im April 2011 berichtet, hat das Landgericht Itzehoe (Urt. v. 15.03.2011, Az. 5 O 66/10, n. rkr.) dem Windkraftkonzern PROKON auf eine Klage der Verbraucherzentrale Hambug hin verboten, mit irreführenden Aussagen für den Verkauf von Genussrechten zu werben. PROKON habe in Postwurfsendungen und Flyern einseitig die Vorteile der Genussrechte hervorgehoben, ohne auf die erheblichen Risiken der Anlage hinzuweisen.
Das Gericht habe geurteilt, dass Aussagen wie “Alternative zur Bank oder Lebensversicherung”, “Geldanlage, die Sicherheit und Stabilität bietet”, Sicherheit zum Anfassen” oder “sichere Einnahmen” irreführend seien, weil die Genussscheine sehr wohl Risiken bis hin zu einem Totalverlust enthalten.
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16.04.2010: FINANZtest über “windige Werbung” von PROKON
In seiner Ausgabe Nr. 4/2010 berichtet das Verbrauchermagazin FINANZtest darüber, dass die PROKON Unternehmensgruppe für ihre Genussrechte als sicheres Investment wirbt, obwohl diese Geldanlage tatsächlich hochriskant sei. Per Postwurfsendung preise PROKON seine Genussrechte als Alternative zur Bank oder Lebensversicherung an, ohne dass von Risiken die Rede sei.
Käufer der Genussrechte gingen erhebliche Risiken ein, weil sie im Falle einer eventuellen Pleite des Unternehmens im schlimmsten Fall ihre gesamte Geldanlage verlieren würden. Entgegen der Behauptung von PROKON seien die Genussrechte daher auf keinen Fall eine Alternative zu sicheren Sparanlagen.
Rechtslage
… gegenüber der Beteiligungsgesellschaft:
Falls ein Anleger ohne einschlägige Erfahrungen mittels werblicher Aussagen über die Sicherheit einer Kapitalanlage wie etwa einem Genussschein oder über deren Besonderheiten und Risiken fehlerhaft aufgeklärt oder gar arglistig getäuscht wurde, kann er diese Beteiligung unter Umständen ausserordentlich und aus wichtigem Grunde kündigen und von der Beteiligungsgesellschaft die vorzeitige Rückzahlung seines gesamten Kapitals verlangen (so i.E. bspw. BGH, Urt. v. 05.10.1992, Az. II ZR 172/91; OLG Hamm, Urt. v. 19.10.2010, Az. 7 U 21/10).
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… gegenüber den massgeblichen Initiatoren:
Sofern es sich bei einer Kapitalanlage in Form Schuldverschreibungen, bzw. Genussrechten in Wahrheit um ein sog. “Schneeballsystem” handelt, weil die vertragsgemäße Bedienung dieser Anteilsscheine nicht durch die Ertragskraft des ausgebenden Unternehmens gewährleistet war, sondern nur durch die Ausgabe neuer Schuldscheine erfolgen konnte, haften die hierfür verantwortlichen Personen einem geschädigten Anleger grundsätzlich unmittelbar und persönlich wegen sittenwidriger Schädigung auf Ersatz des ggf. eingetretenen Schadens (so zuletzt bspw. OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.04.2012, Az. I-6 U 73/11).
Ein ebensolcher Schadensersatzanspruch kann sich u.U auch aus den Grundsätzen einer sog. Prospekthaftung ergeben (LG Düsseldorf, Urt. v. 11.03.2008, Az. 10 O 262/07).
Urteile
07.09.2012: OLG Schleswig hält Prospekt zu PROKON-Genussrechten für irreführend
Wie das Oberlandesgericht Schleswig mit Urteil vom 05.09.2012 (Az. 6 U 14/11; Vorinstanz LG Itzehoe, Urt. v. 15.03.2011, Az. 5 O 66/10) auf eine Klage der Verbraucherzentrale Hamburg hin bestätigt hat, enthält der Prospekt zu sog. PROKON-Genussrechten (Kurzprospekt und Flyer) irreführende Werbeaussagen zur vermeintlichen Sicherheit und zur angeblichen “maximalen Flexibilität” der Geldanlage. Das beklagte Unternehmen der PROKON-Unternehmensgruppe bewerbe sog. “Genussrechte” als Geldanlage, wobei Verbraucher die Werbeaussagen in dem Kurzprospekt und dem Flyer so verstehen könnten, als sei die Anlage in die “Genussrechte” eine ebenso sichere Geldanlage wie auf einem Sparbuch und als investiere der Erwerber direkt in Windenergieanlagen.
Mit seinem Urteil hat das OLG Schleswig entschieden, dass das betreffende Unternehmen der PROKON-Gruppe die von den Verbraucherschützern beanstandeten Werbeaussagen nicht mehr weiter verwenden dürfe, da diese unzutreffend und damit unlautere Werbung seien.
Auf der Grundlage dieser Entscheidung steht betroffenen Anlegern, die aufgrund solcher Prospekte irgendwelche Genussrechte bei der PROKON gezeichnet haben, möglicherweise ein ausserordentliches Kündigungsrecht und im Falle eines Verlustes ein weitergehender Schadensersatzanspruch zu.
OLG Schleswig, Urt. v. 05.09.2012, Az. 6 U 14/11
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15.12.2003: BGH zu fehlerhaftem Prospekt bei PROKON-Fonds
Im Zusammenhang mit dem Windparkfonds Horst/Schleswig Holstein aus der PROKON Unternehmensgruppe hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 15.12.2003 (Az. II ZR 244/01) festgestellt, dass die Fondsinitiatoren verpflichtet waren, durch eine Prospektberichtigung oder anderweitige Hinweise potentielle Anleger vor ihrem Beitritt darüber zu unterrichten, dass sich ein Vertragspartner geweigert hat, den (geplanten) Windpark in vollem Umfang an das Stromnetz anzubinden.
Dadurch habe nämlich die Realisierung, wenn nicht sogar das Scheitern des Gesamtprojektes als solchem in Frage gestanden, was dem Anleger nicht hätte verschwiegen werden dürfen.
Aufgrund dieses Prospektfehlers wurden die Initiatoren vom Bundesgerichtshof zur Erstattung des dem geschädigten Anleger entstandenen Schadens Zug um Zug gegen Übertragung der Gesellschaftsanteile verurteilt.