Wie der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 18.09.1997 (Az. IX ZR 283/96) entschieden hat, ist eine Angehörigenbürgschaft in der Regel gemäß § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig und damit nichtig, wenn ein krasses Missverhältnis zwischen dem Umfang der Haftung und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines bürgenden Ehegatten oder Lebenspartners besteht.
Dies gilt nach Auffassung des BGH auch dann, wenn der Bürge bei Erteilung der Bürgschaft nur mit dem Hauptschuldner verlobt war und mit diesem in einer eheähnlichen Gemeinschaft gelebt hat. Auch in diesen Fällen besteht nämlich laut Bundesgerichtshof eine enge emotionale Bindung zwischen dem Hauptschuldner und dem Bürgen, so dass dieser in gleichen Maße schutzbedürftig ist, wie ein Ehepartner, der eine vergleichbare Haftung übernimmt.
Krasse finanzielle Überforderung bei einer Angehörigenbürgschaft
Zwar führt allein der Umstand, dass der Lebenspartner eine Bürgschaft eingegangen ist, die ihn finanziell überfordert, nicht zur Sittenwidrigkeit des entsprechenden Bürgschaftsvertrages.
Besteht jedoch bei einer Angehörigenbürgschaft ein krasses Missverhältnis zwischen dem Haftungsumfang und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Bürgen und sind dessen finanzielle Mittel, bezogen auf die Höhe der gesamten Hauptschuld, praktisch bedeutungslos, so ist zu vermuten, dass der Bürge sich auf eine solche Verpflichtung nur aufgrund emotionaler Verbundenheit mit dem Hauptschuldner eingelassen und die Bank dies in verwerflicher Weise ausgenutzt hat.
Bei Vorliegen eines solchen krassen Missverhältnisses besteht laut BGH regelmäßig auch kein rechtlich vertretbares Interesse des Kreditgebers an einer entsprechenden Verpflichtung des bürgenden Angehörigen.
Ein krasses Missverhältnis in diesem Sinne liegt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich dann vor, wenn die pfändbaren Einkünfte des Bürgen voraussichtlich nicht ausreichen, um in fünf Jahren ein Viertel der Hauptsumme abzudecken (BGH, Urt. v. 25.04.1996, Az. IX ZR 177/95).
Rechtsrat für Bürgen bei mutmaßlich sittenwidriger Angehörigenbürgschaft
Falls Bürgen, die eine Angehörigenbürgschaft übernommen haben, nach den vorstehend genannten Grundsätzen des Bundesgerichthofs Anhaltspunkte für eine krasse Überforderung ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit sehen, sollten sie anwaltlich prüfen lassen, ob eine Sittenwidrigkeit und damit eine Nichtigkeit ihres Bürgschaftsvertrages in Betracht kommt.
Sollte dies der Fall sein, stünden der Bank im Zusammenhang mit der von ihr verlangten Angehörigenbürgschaft keinerlei Zahlungsansprüche gegen den Bürgen zu.