Mit Urteil vom 03.12.2002 hat der Bundesgerichtshof (Az. XI ZR 311/01) entschieden, dass eine Ehegattenbürgschaft sittenwidrig ist, wenn die mithaftende Ehefrau durch diese Bürgschaft in krasser Weise finanziell überfordert ist. Dies gilt nach Auffassung des BGH selbst dann, wenn die Ehefrau mehrere Kreditgespräche für ihren Ehemann alleine geführt und auch sonst die kaufmännische Verantwortung für das von ihrem Ehemann geführte Unternehmen getragen hat und somit geschäftserfahren ist.
Begründet wird dies vom Bundesgerichtshof u.a. damit, dass nach allgemeiner Lebenserfahrung auch erfahrene und geschäftsgewandte Personen aus emotionaler Verbundenheit zu ihren Ehegatten Verbindlichkeiten eingehen, die sie finanziell krass überfordern.
Trotz Geschäftserfahrung des Bürgen kann Ehegattenbürgschaft sittenwidrig sein
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hängt die Sittenwidrigkeit und damit auch die Nichtigkeit von Bürgschaftsverträgen zwischen Kreditinstituten und privaten Sicherungsgebern regelmäßig vom Grad des Mißverhältnisses zwischen dem Umfang der (Bürgschafts-) Verpflichtung und der finanziellen Leistungsfähigkeit des dem Hauptschuldner nahe stehenden Bürgen ab.
Kann der Bürge bei Eintritt des Sicherungsfalls voraussichtlich nicht einmal die für ein Darlehen vereinbarten Zinsen aus dem pfändbaren Teil seines Einkommens oder Vermögens dauerhaft tragen, liegt in der Regel eine krasse finanzielle Überforderung des Bürgen vor. Handelt es sich in solchen Fällen bei dem Bürgen um den Ehegatten, Lebenspartner oder einen sonstigen nahestehenden Angehörigen, ist nach Auffassung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich zu vermuten, dass er die ruinöse Bürgschaft oder Mithaftung allein aus emotionaler Verbundenheit mit dem Hauptschuldner übernommen und der Kreditgeber dies in sittlich anstössiger Weise ausgenutzt hat.
Diese tatsächliche Vermutung, dass etwa eine Ehegattenbürgschaft sittenwidrig ist, muss ggf. von demjenigen Kreditinstitut widerlegt werden, das die Abgabe einer entsprechenden Bürgschaftserklärung verlangt hat.
Rechtsrat für Ehepartner, deren Ehegattenbürgschaft sittenwidrig erscheint
Falls Ehepartner den Verdacht haben, dass wegen einer möglichen krassen finanziellen Überforderung die von ihnen übernommene Ehegattenbürgschaft sittenwidrig und damit nichtig ist, sollten sie anwaltlich prüfen lassen, ob die vom Bundesgerichtshof anerkannten Voraussetzungen für eine solche Sittenwidrigkeit und Nichtigkeit tatsächlich vorliegen.
Sollte dies der Fall sein, stünde der kreditgebenden Bank, für die das Bürgschaftsversprechen abgegeben wurde, keinerlei Zahlungsanspruch aus dem zugrundeliegenden Bürgschaftsvertrag zu.